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Die betriebsbedingte Kündigung

Die betriebsbedingte Kündigung ist eine der drei wirksamen Kündigungsgründe die das Kündigungsschutzgesetz dem Arbeitgeber bietet, um Mitarbeiter zu entlassen. Die Voraussetzungen für die Wirksamkeit einer betriebsbedingten Kündigung sind jedoch hoch und müssen im Streitfall detailliert nachgewiesen werden. Deshalb sind betriebsbedingte Kündigungen häufiger Anlass für eine gerichtliche Überprüfung durch das Arbeitsgericht. Insbesondere die richtige Sozialauswahl ist entscheidend für die Wirksamkeit dieser Kündigungsart und bietet dem Arbeitsgericht einen gewissen Ermessensspielraum. Aber auch der Arbeitgeber hat die Möglichkeit, bestimmte Leistungsträger aus dem Pool der Sozialauswahl herauszunehmen.

In unserem neuen Blogbeitrag erfahren Sie, wann Arbeitnehmer Kündigungsschutz genießen und welche Stolpersteine Arbeitnehmer und Arbeitgeber beim Thema betriebsbedingte Kündigung unbedingt kennen sollten.

Grundsätzliches zur betriebsbedingten Kündigung

Die betriebsbedingte Kündigung ist eine vom Arbeitgeber ausgesprochene Kündigung aus betrieblichen Gründen – also Gründen, die nicht in der Person oder dem Verhalten des Arbeitnehmers resultieren, sondern aus der Sphäre des Arbeitgebers rühren. Die betriebsbedingte Kündigung wird regelmäßig bei der Schließung oder Verkleinerung eines Betriebs, einer Abteilung oder Zweigstelle angewandt. Aber auch wenn der Arbeitgeber sein Unternehmen oder seine Produktionsprozesse umstrukturieren möchte, kann eine betriebsbedingte Kündigung rechtmäßig sein. Rechtmäßig ist im Zusammenhang mit der betriebsbedingten Kündigung mit „ sozial gerechtfertigt “ gleichzusetzen. Denn nicht jede betriebswirtschaftliche Umstrukturierung berechtigt den Arbeitgeber direkt zur betriebsbedingten Kündigung.

Grundsätzlich rechtmäßig können im Anwendungsbereich des Kündigungsschutzgesetzes nur

- die betriebsbedingte Kündigung sein.

Denn die meisten Arbeitnehmer in Deutschland genießen Kündigungsschutz nach dem Kündigungsschutzgesetz .

Kündigungsschutz bei betriebsbedingter Kündigung

Deshalb muss zunächst festgestellt werden, ob der Arbeitnehmer Kündigungsschutz genießt. Dies ist nach dem Kündigungsschutzgesetz (KSchG) der Fall, wenn das Arbeitsverhältnis ununterbrochen seit mehr als sechs Monaten besteht und der Betrieb mehr als zehn Arbeitnehmer beschäftigt (also rechnerisch mindestens 10,25 Arbeitnehmer). Auszubildende werden nicht mitgezählt. Vergleiche zur Anwendbarkeit des Kündigungsschutzgesetz den § 23 Abs. 1 KSchG.

Wenn das Arbeitsverhältnis vor bzw. bis zum 31. Dezember 2003 begründet wurde, gilt die alte gesetzliche Regelung. Hiernach reicht es aus, wenn der Betrieb mehr als fünf Arbeitnehmer beschäftigt (also rechnerisch mindestens 5,25 Arbeitnehmer). Allerdings müssen alle Arbeitnehmer, die zur Vervollständigung dieser fünf Arbeitnehmer herangezogen werden, ebenfalls mindestens seit dem 31. Dezember 2003 im Betrieb beschäftigt sein, damit die alte Regelung weiterhin anwendbar ist (sogenannte „Altarbeitnehmer“). Vereinfacht ausgedrückt: es müssen noch mindestens mehr als fünf „Altarbeitnehmer“ im Betrieb beschäftigt sein, damit die alte Regelung anwendbar ist.

Teilzeitbeschäftigte zählen anteilig:

- bis einschließlich 20 Wochenstunden mit dem Faktor 0,5

- bis einschließlich 30 Wochenstunden mit dem Faktor 0,75

- und über 30 Wochenstunden mit dem Faktor 1.

Voraussetzungen einer betriebsbedingten Kündigung

Für eine soziale Rechtfertigung nach dem Kündigungsschutzgesetz , müssen folgende Voraussetzungen für eine betriebsbedingte Kündigung erfüllt sein:

Betriebliche Erfordernisse :

Der Arbeitgeber organisiert seine betrieblichen Abläufe um, so dass der oder die Arbeitsplätze entfallen. Die Gründe hierfür können sowohl innerbetrieblich, als auch außerbetrieblich veranlasst sein.

- Innerbetriebliche Gründe sind beispielsweise die Übertragung von bisher intern erledigten Arbeitsaufgaben auf externe Subunternehmer oder Rationalisierungsmaßnahmen, die zu einem verminderten Bedarf an Arbeitskräften führen, zum Beispiel, weil Abteilungen zusammengelegt werden oder Produktionsprozesse vermehrt durch Maschinen erledigt werden.

- Außerbetriebliche Gründe können ein starker Umsatzrückgang sein, der voraussichtlich längerfristig bestehen bleibt oder aber auch politische Gründe, wie ein Handelsembargo. Wichtig ist, dass der Arbeitgeber in einem Kündigungsschutzprozess detailliert nachweisen und anhand von Zahlen belegen kann, warum und wie viele Arbeitsplätze in etwa dauerhaft entfallen werden. Die Erfolgsaussichten dieser betriebswirtschaftlichen Entscheidung überprüft das Gericht allerdings nicht, denn in diesen unternehmerischen Entscheidungen ist der Arbeitgeber frei. Prüfungsmaßstab ist allein die Plausibilität des Stellenwegfalls.

Keine Weiterbeschäftigungsmöglichkeit wegen Dringlichkeit:

Wenn der Arbeitgeber freie Stellen im Betrieb oder seinem Unternehmen hat, dann muss er dem Arbeitnehmer diesen Arbeitsplatz anbieten. Freie Stellen sind solche, die aktuell und voraussichtlich bis zum Ende der Kündigungsfrist des Arbeitnehmers im Unternehmen vorhanden sind bzw. werden. Außerdem muss der Arbeitnehmer ausreichend qualifiziert für die freie Stelle sein. Ausreichend qualifiziert ist der Arbeitnehmer arbeitsrechtlich aber auch noch dann, wenn eine, für die freie Stelle qualifizierende Fortbildung oder Umschulung dem Arbeitgeber zumutbar ist und der Arbeitnehmer sein Einverständnis mit der Qualifizierungsmaßnahme erklärt.

Interessenabwägung:

Sowohl bei der verhaltensbedingten, als auch der personenbedingten Kündigung nimmt die Interessenabwägung eine wichtige Rolle bei der sozialen Rechtfertigung ein. Demnach muss das Interesse des Arbeitgebers an der Kündigung dem Interesse des Arbeitnehmers am Erhalt des Arbeitsplatzes überwiegen. Solch eine Entscheidung ist natürlich sehr einzelfallbezogen und liegt zu einem großen Anteil im richterlichen Ermessen. Allerdings spielt die Interessenabwägung bei einer betriebsbedingten Kündigung in der Praxis kaum eine Rolle , da die unternehmerische Entscheidung für die betrieblichen Erfordernisse (s.o.) nicht überprüft werden kann. Der Arbeitnehmer kann sich in der Regel deshalb nur auf eine fehlerhafte Sozialauswahl berufen.

Sozialauswahl:

Nach § 1 Abs. 3 KSchG ist eine betriebliche Kündigung nur dann sozial gerechtfertigt, wenn der Arbeitgeber bei der Auswahl der zu kündigenden Mitarbeiter auch soziale Gesichtspunkte berücksichtigt hat. Diesen gesonderten Prüfungspunkt gibt es nur bei der betriebsbedingten Kündigung und deshalb wird er nun näher erläutert.

Sozialauswahl bei einer betriebsbedingten Kündigung

Bei der Sozialauswahl werden die Arbeitnehmer anhand von sozialen Gesichtspunkten (s.u.) verglichen. Hierbei ist zu berücksichtigen, dass alle Arbeitnehmer in den Kreis der vergleichbaren Mitarbeiter fallen, die betriebsweit über das Direktionsrecht des Arbeitgebers auf den entfallenden Arbeitsplatz versetzt werden könnten. Im Prinzip fallen alle Mitarbeiter einer Hierarchiestufe in diese Auswahl, die die selben Qualifikationen haben und deshalb untereinander austauschbar wären. Wenn beispielsweise im Lager A zwei Kommissionierplätze entfallen, dann sind alle Arbeitnehmer in der Sozialauswahl zu berücksichtigen, die als Kommissionierer in einem der räumlich angrenzenden Lager beschäftigt sind und versetzt werden dürften. Aber auch andere Arbeitnehmer im Betrieb, die eine andere Tätigkeit, zum Beispiel als Staplerfahrer ausüben, aber ohne größere Umschulung als Kommissionierer eingesetzt werden könnten, müssen in die Sozialauswahl einbezogen werden.

Sozial ungerechtfertigte Kündigungen

Eine betriebsbedingte Kündigung eines Arbeitnehmers ist sozial ungerechtfertigt , wenn der Arbeitgeber bei der Sozialauswahl folgende Punkte von Arbeitgeber nicht oder nicht ausreichend berücksichtigt wurden (vgl. § 1 Abs. 3 KSchG )

• Dauer der Betriebszugehörigkeit

• Lebensalter

• Unterhaltspflichten

• Etwaige Schwerbehinderung

Es müssen also bei der Sozialauswahl in der Gesamtbetrachtung diejenigen Mitarbeiter vorrangig entlassen werden, die sozial am stärksten sind; oder anders gesprochen: am wenigsten schutzwürdig . Ein 30-Jähriger, der keine unterhaltspflichtigen Kinder hat, wird weniger schutzbedürftig sein, als ein schwerbehinderter 30-Jähriger oder ein 40-Jähriger Familienvater mit zwei unterhaltspflichtigen Kindern. Hierbei hat das Arbeitsgericht einen wertenden Überprüfungsspielraum.

Wenn ein Betriebsrat vorhanden ist, kann dieser unter Umständen Auswahlrichtlinien für die Sozialauswahl erlassen, vgl. § 95 Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG) . Der gerichtliche Überprüfungsmaßstab für die Sozialauswahl erstreckt sich dann nur noch auf grobe Fehler bei der Anwendung dieser Auswahlrichtlinien. Der Arbeitnehmer trägt hierbei die Nachweis- und Beweislast für die Fehlerhaftigkeit. Die gleichen Maßstäbe gelten, falls der Arbeitgeber mit dem Betriebsrat eine Namensliste der zu kündigenden Mitarbeiter erstellt hat. Das Gericht geht dann davon aus, dass der Betriebsrat in den Verhandlungen mit dem Arbeitgeber, die Interessen der Arbeitnehmer verglichen und ausreichend berücksichtigt hat. Deshalb geht das Arbeitsgericht zunächst davon aus, dass die Namensliste unter Berücksichtigung der sozialen Gesichtspunkte erstellt wurde. Grobe Fehler beim Erstellen der Namensliste müsste der gekündigte Arbeitnehmer selbst beweisen.

Gemäß § 1 Abs. 3 Satz 2 KSchG kann der Arbeitgeber bestimmte Leistungsträger von der Sozialauswahl ausnehmen , wenn deren Fähigkeiten, Kenntnisse oder Leistungen nachweisbar unverzichtbar für die betrieblichen Belangen sind. Wenn beispielsweise nur einer von zwei Vertriebsmitarbeitern Spanisch spricht und der Arbeitnehmer auf dessen Sprachkenntnisse angewiesen ist, dann kann dieser Mitarbeiter von der Sozialauswahl ausgenommen werden, obwohl er vielleicht sozial am wenigsten schutzwürdig wäre.

Grundsätzlich muss der Betriebsrat vor jeder Kündigung angehört werden. Andernfalls ist die Kündigung unwirksam. Will sich der Arbeitnehmer gegen die Kündigung gerichtlich wehren, bleibt ihm nach Zugang der Kündigung eine Dreiwochenfrist, bevor die Kündigung wirksam ist und eine Kündigungsschutzklage (in der Regel) keinen Erfolg mehr hat.

Zusammenfassung betriebsbedingte Kündigung

  • Wenn der Arbeitnehmer Kündigungsschutz genießt, ist eine Kündigung nur wirksam, wenn sie personenbedingt, verhaltensbedingt oder betriebsbedingt veranlasst ist.
  • Kündigungsschutz nach dem KSchG genießen Arbeitnehmer, die seit mindestens sechs Monaten ununterbrochen in einem Betrieb mit mehr als 10 Arbeitnehmern beschäftigt sind.
  • Eine betriebsbedingte Kündigung ist verschuldensunabhängig und liegt in betrieblichen Erfordernissen des Arbeitgebers.
  • Voraussetzungen für die Wirksamkeit der betriebsbedingten Kündigung sind die betrieblichen Erfordernisse, die fehlende Weiterbeschäftigungsmöglichkeit, die richtige Sozialauswahl und ggf. eine (in der Praxis eher zu vernachlässigende) Interessenabwägung, die zugunsten des Arbeitgebers ausfällt.
  • Bei der Sozialauswahl sind alle Arbeitnehmer zu berücksichtigen, die betriebsweit auf einer der entfallenden Stellen versetzt werden könnten.
  • Die sozialen Gesichtspunkte bei der Sozialauswahl sind die Dauer der Betriebszugehörigkeit, das Lebensalter, die Unterhaltsverpflichtungen und etwaige Schwerbehinderungen.
  • Wenn ein Betriebsrat vorhanden ist, muss dieser vor der Kündigung angehört werden.
  • Die Frist für die Kündigungsschutzklage beträgt drei Wochen, nach Zugang der Kündigung .

Rechtliche Hilfe bei betriebsbedingten Kündigungen

Wenn Sie die Rechtmäßigkeit einer betriebsbedingten Kündigung überprüfen möchten oder Hilfe bei der Aufstellung und Überprüfung einer Sozialauswahl oder Auswahlrichtlinien benötigen, helfen unsere Fachanwälte für Arbeitsrecht in Köln und Bonn gerne bei der rechtlichen Beurteilung. Wir beraten Sie auch gerne umfassend aus einem rechtlichen, wirtschaftlichen und steuerlichen Blickwinkel bei der Strukturierung und Rationalisierung Ihres Betriebs. Rechtssicher und verständlich.

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