Die Immobilie in der Insolvenz
Darf das eigene Haus bei Privatinsolvenz behalten werden?
Personen, die eine Privatinsolvenz anmelden möchten, fragen sich, was dann mit der eigenen Immobilie in der Insolvenz geschieht und ob die Möglichkeit besteht, die Immobilie vor dem Zugriff der Gläubiger zu schützen. Das eigene Haus in der Privatinsolvenz zu behalten ist grundsätzlich möglich und kann sowohl vor dem Insolvenzantrag geschehen, als auch noch im laufenden Insolvenzverfahren erfolgsversprechend sein. Allerdings ist dies nicht uneingeschränkt und in der Regel auch nicht ohne die Mitwirkung Dritter möglich. Eine sorgfältige rechtliche Beratung ist hierbei empfehlenswert, um sicherzustellen, dass alle Schritte korrekt durchgeführt werden und den gesetzlichen Bestimmungen entsprechen.
In diesem Blogbeitrag erfahren Sie Strategien, um die eigene Immobilie während einer Insolvenz zu schützen. Dabei werden die rechtlichen Hintergründe erläutert, mögliche Risiken und Fallstricke aufzeigt und praktische Tipps gegeben, wie Sie Ihre Immobilie erfolgreich sichern können.
Das Schicksal der Immobilie in der Insolvenz
In der Privatinsolvenz darf der Schuldner seine Immobilie– Eigentumswohnung oder Haus – prinzipiell nicht behalten. Am Ende heißt es: das Haus ist weg und der Schuldner muss sich eine neue Bleibe suchen. Die Immobilie in der Privatinsolvenz genießt keinen besonderen Schutz (Vollstreckungsschutz), sondern wird genauso behandelt, wie beispielsweise eine Lebensversicherung oder ein Sparbuch.
Die Privatinsolvenz hat das Ziel, schuldenfrei zu werden. Deshalb sind eigene Immobilien des Schuldners – auch das selbst genutzte Eigenheim – vollumfänglich Teil der Insolvenzmasse und können deshalb vom Insolvenzverwalter verwertet werden, um die Gläubiger zu befriedigen. Ein Miteigentumsanteil an einer Immobilie kann ebenfalls verwertet werden, wobei dies nur den Anteil des Schuldners an der Immobilie und nicht die gesamte Immobilie betrifft. Praktisch tritt dann der Erwerber in die Stellung des Schuldners (= ursprünglicher Miteigentümer) und erwirbt den Miteigentumsanteil an der Immobilie. Ferner kann der Insolvenzverwalter das Recht des Schuldners auf Aufhebung einer Eigentümer-Gemeinschaft geltend machen und die Teilversteigerung betreiben.
Verwertung der Immobilie – Zwangsversteigerung oder freihändiger Verkauf?
In der Regel erfolgt die Verwertung der Immobilie mittels freihändigen Verkaufs, denn dieser ist in der Regel lukrativer und unbürokratischer als eine Zwangsversteigerung. Außerdem wird das Insolvenzverfahren durch eine Zwangsversteigerung verzögert. Aus diesen Gründen einigen sich normalerweise der Insolvenzverwalter und die finanzierende Bank, welche in aller Regel an erster Rangstelle eine Grundschuld eingetragen hat, auf einen freihändigen Verkauf der Immobilie. Die meisten Banken haben eigene Makler, die sich um diesen Verkauf kümmern. Auch wenn eine Zwangsversteigerung bereits beantragt ist, kann der Insolvenzverwalter den Verkauf der Immobilie weiterhin betreiben. Häufig kümmert sich auch der Schuldner selber darum, um einen schnellen Verkauf und einen hohen Kaufpreis zu erzielen. Am Ende heißt es allerdings immer: Nach dem Verkauf oder der Zwangsversteigerung zieht der Schuldner aus seiner Immobilie aus. Er muss sich eine neue Bleibe suchen, was aufgrund negativer Schufa-Einträge nicht immer einfach ist.
Freigabe der Immobilie durch den Insolvenzverwalter
Wenn der Insolvenzverwalter Gegenstände aus der Insolvenzmasse „freigibt“, dann werden diese Gegenstände (auch Immobilien) wieder insolvenzfreies Vermögen und stehen der Verwertung nicht mehr zur Verfügung. Die Freigabe liegt im Ermessen des Insolvenzverwalters und erfolgt durch einseitige Erklärung. Der Insolvenzverwalter wird eine Immobilie jedoch nur dann freigeben, wenn aus einem Verkauf oder einer Versteigerung keine Masse zur Befriedigung der Gläubiger erwartet wird oder sich kein Käufer finden lässt. Das ist regelmäßig dann der Fall, wenn auf der Immobilie noch erhebliche Verbindlichkeiten lasten, die nah an den Verkehrswert kommen oder diesen sogar übersteigen. Wenn beispielsweise sehr hohe Grundschulden der finanzierenden Bank auf der Immobilie lasten oder gar unbeteiligte Dritte ein Aussonderungsrecht haben, wird den meisten Gläubigern kein Geld zur Befriedigung der Verbindlichkeiten zur Verfügung stehen. In solchen Fällen kann es für den Insolvenzverwalter zweckmäßig sein, einer Freigabe zuzustimmen, um sich nicht weiter um die Immobilie kümmern zu müssen.
Sicherung der Immobilie in der Insolvenz
Haus überschreiben in der Privatinsolvenz
Es gibt mehrere Ansatzpunkte, um zu versuchen, die Immobilie vor der Insolvenz zu sichern, damit sie nicht in die Insolvenzmasse fällt. Zunächst könnte die Möglichkeit bestehen, die Immobilie auf einen Dritten zu übertragen, in der Regel die Kinder oder der Ehegatte. Dies muss allerdings weit im Vorfeld einer etwaigen Insolvenz geschehen. Unentgeltlich oder verbilligt die eigene Wohnung oder das Haus in der Privatinsolvenz zu überschreiben ist nämlich ansonsten anfechtbar (vgl. § 134 InsO).
Das Anfechtungsrisiko bei Übertragung und Belastung
Nach § 134 InsO sind unentgeltliche Leistungen des Insolvenzschuldners, die vier Jahre vor Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens an Dritte gewährt wurde, anfechtbar. Unentgeltlich meint hierbei auch gemischte Schenkungen, also Rechtsgeschäfte, bei denen die Immobilie „unter Wert“ an einen Dritten veräußert oder sonst übertragen wurde. Das ist beispielsweise der Fall, wenn der Ehepartner die Immobilie erwirbt und den Insolvenzschuldner im Innenverhältnis die Freistellung von der Belastung der Immobilie zusichert, aber der Insolvenzschuldner trotzdem die Belastungen durch Zahlung der Raten befriedigt. In dem Fall hat der erwerbende Ehepartner die Immobilie ebenfalls, zumindest teilweise unentgeltlich erhalten, denn die Raten werden trotz der Übertragung weiterhin vom Insolvenzschuldner bezahlt und mindern somit die Insolvenzmasse der Gläubiger. Auch § 133 InsO gewährt dem Insolvenzverwalter das Recht der Anfechtung von Rechtshandlungen, die die Gläubiger benachteiligen. Nach Abs. 4 besteht ein Anfechtungsrecht für Rechtshandlungen innerhalb von 10 Jahren vor Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens, die mit dem Vorsatz der Benachteiligung der Gläubiger vorgenommen wurden, wenn der andere Teil den Vorsatz gekannt hat – dies wird vermutet, wenn der andere Teil von der drohenden Zahlungsunfähigkeit und möglichen Gläubigerbenachteiligung wusste. Relevant ist auch der Absatz 4 für entgeltliche Verträge mit „nahestehenden Personen“ (siehe zu diesem Begriff: § 138 InsO) in einem Zeitraum von zwei Jahren vor Stellung des Insolvenzantrags, wenn hierdurch Gläubiger benachteiligt werden.
Eine andere Lösung: Verkauf an den Ehegatten
Wenn der Ehepartner oder ein anderer Dritter einen Miteigentumsanteil an der gemeinsamen Immobilie hält, kann alternativ um die Immobilie in der Insolvenz zu sichern, diese Person den Miteigentumsanteil des Insolvenzschuldners kaufen . Das bietet sich insbesondere bei Ehepartnern an, die jeweils einen Miteigentumsanteil an der Immobilie besitzen und die Immobilie gemeinsam bewohnen. Hier ist entscheidend, dass der Ehepartner den zu erwerbenden Miteigentumsanteil auch tatsächlich finanzieren kann. In diesem Fall wird er dann Alleineigentümer der Immobilie, so dass diese nicht mehr in die Insolvenzmasse fällt und weiter von den Eheleuten bewohnt werden kann.
Beispiel: Die Wohnung mit einem Verkehrswert von € 100.000,00 steht im Eigentum der Eheleute Müller. Die Sparkasse hatte den Kauf der Wohnung finanziert und die Grundschuld beträgt noch € 80.000,00. Es gibt also eine freie Spitze von € 20.000,00. In diesem Fall wird der Insolvenzverwalter der Ehefrau den Miteigentumsanteil des Ehemannes zum Kauf anbieten, und zwar zu einem Preis von € 10.000,00. Die Ehefrau wird dann Volleigentümerin der Wohnung, allerdings natürlich mit einer Belastung von € 80.000,00. Die Sparkasse wird an dieser Lösung nur dann mitwirken, wenn die Ehefrau finanziell in der Lage ist, das Darlehen weiterhin ordentlich zu bedienen.
Zusammenfassung Immobilie in der Insolvenz
- Eigene Immobilien des Schuldners gehören grundsätzlich vollumfänglich zur Insolvenzmasse und können vom Insolvenzverwalter verwertet werden.Miteigentumsanteile an einer Immobilie können ebenfalls verwertet werden – dies betrifft allerdings nicht die Immobilie selbst, sondern nur den Anteil an der Immobilie. Allerdings verliert der unbelastete Miteigentümer im Falle einer Teilungsversteigerung sein Eigentum. Er erhält dafür die Hälfte des Versteigerungserlöses.
- Der Insolvenzverwalter kann Gegenstände - auch Immobilien - aus der Insolvenzmasse freigeben, um sie dem insolvenzfreien Vermögen des Schuldners zuzuführen.
- Die Freigabe wird vom Insolvenzverwalter in der Regel jedoch nur dann erfolgen, wenn die Immobilie sehr hoch belastet ist oder keine potentiellen Käufer zur Verfügung stehen, denn dann ist eine Befriedung der Insolvenzgläubiger aus dem Verkauf der Immobilie unwahrscheinlich, sogenannte „Schrottimmobilien“.
- Die Immobilie kann vor der Insolvenz gerettet werden, wenn sie mindestens vier Jahre vor Stellung des Insolvenzantrags an eine (nahestehende) dritte Person (insb. Ehe- oder Lebenspartner / Kinder, Geschwister) übertragen wird. Die 4-Jahres-Frist ist entscheidend für unentgeltliche Übertragungen, weil das Rechtsgeschäft ansonsten anfechtbar ist, vgl. § 134 InsO.
- Unentgeltlich sind im Insolvenzrecht unter Umständen auch solche Übertragungen, bei denen die Immobilie unter Wert verkauft wird oder die Lasten der Immobilie auch nach dem Verkauf noch vom Insolvenzschuldner bedient werden.
- Eine weitere Möglichkeit der Rettung besteht bei gemeinsamem Eigentum darin, dass die dritte Person (in der Regel der Ehepartner) den Miteigentumsanteil des Insolvenzschuldners kauft und Alleineigentümer der Immobilie wird.
- § 133 InsO gewährt dem Insolvenzverwalter unterschiedliche Anfechtungsrechte von Rechtsgeschäften des Insolvenzschuldners, wobei insbesondere die vorsätzliche Benachteiligung von Gläubigern in einem Zeitraum von 10 Jahren vor Stellung des Insolvenzantrags sowie entgeltliche Verträge mit nahestehenden Personen in einem Zeitraum von 2 Jahren vor Stellung des Insolvenzantrags besonders relevant sind.
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Nina Haverkamp ist Fachanwältin für Insolvenzrecht und Sanierungsrecht und hat auch den Fachanwaltstitel für Handels- und Gesellschaftsrecht . Sie berät Sie in allen insolvenzrechtlichen Fragen gerne.