Ausschlussfristen im Arbeitsvertrag. Wann ist die Frist gewahrt?
Ausschlussfristen in Arbeitsverträgen sind in fast immer die Regel. Doch wann ist die Ausschlussfrist gewahrt und wann kann die Klausel sogar unwirksam sein? Der folgende Beitrag zeigt auf, was eine Ausschlussfrist regelt, worauf bei Einhaltung der Frist geachtet werden muss und wann formularmäßige Klauseln im Arbeitsrecht sogar unwirksam sind.
Grundsätzliches zur Ausschlussfrist
Im deutschen Recht können Ansprüche und Rechte nach Ablauf einer gewissen Frist unter Umständen nicht mehr geltend gemacht werden oder verfallen sogar komplett. Deshalb ist zunächst die Verjährungsfrist von der Ausschlussfrist abzugrenzen .
Bei einer Verjährungsfrist besteht ein Anspruch zwar weiterhin (zum Beispiel der Anspruch des Arbeitnehmers auf seinen Lohn), er kann aber nicht mehr gerichtlich durchgesetzt werden, wenn der Schuldner von seinem Leistungsverweigerungsrecht Gebrauch macht und die Einrede der Verjährung erhebt. Die beklagte Partei muss die Einrede der Verjährung jedoch explizit geltend machen, sonst berücksichtigt das Gericht dies nicht.
Die Ausschlussfrist wird auch Verfallsfrist , Verwirkungsfrist oder Präklusionsfrist genannt.
Bei einer Ausschlussfrist erlöschen Ansprüche oder Rechte komplett, wenn die entsprechende Frist abgelaufen ist. Dies bedeutet, dass der Schuldner sich nicht auf den Ablauf der Frist berufen muss, sondern der Richter von Amts wegen anerkennt, dass der Anspruch nicht mehr besteht oder ein Recht verwirkt ist.
Ausschlussfristen im Arbeitsrecht
Im Arbeitsrecht wird beispielsweise die Möglichkeit der Geltendmachung von Lohnansprüchen, der Urlaubsabgeltung, der Entgeltfortzahlung , der Erhebung einer Kündigungsschutzklage oder die Erteilung von schriftlichen Arbeitszeugnissen durch Ausschlussklauseln befristet. Nach Ablauf der jeweiligen Frist ist das entsprechende Recht verfallen.
Hierbei gibt es gesetzliche und privatautonome bzw. vertragliche Ausschlussfristen.
- Gesetzliche Ausschlussfristen werden durch den Gesetzgeber in Gesetzen festgesetzt. So beträgt die Frist für die Einreichung einer Kündigungsschutzklage gemäß § 4 Kündigungsschutzgesetz drei Wochen. Schadensersatzansprüche wegen eines Verstoßes gegen das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) müssen gemäß § 15 Abs. 4 AGG innerhalb von zwei Monaten geltend gemacht werden.
- Privatautonome (vertragliche) Ausschlussfristen werden zwischen den Arbeitsparteien individuell ausgehandelt. Dies wird in der Regel der Arbeitgeber mit dem Arbeitnehmer im Arbeitsvertrag regeln oder durch die Tarifparteien (Arbeitgeberverbände/Gewerkschaften) im Tarifvertrag bzw. durch Betriebsvereinbarungen zwischen Arbeitgeber- und Arbeitnehmervertretern geregelt. Ein Arbeitsvertrag kann auch auf einen Tarifvertrag verweisen. Sind dort, wie dies regelmäßig der Fall ist, Ausschlussfristen enthalten, so sind diese durch den Verweis auch auf den entsprechenden Arbeitsvertrag anwendbar.
Außerdem gibt es einstufige und zweistufige Ausschlussfristen.
- Eine einstufige Ausschlussfrist besagt, dass ein Anspruch innerhalb einer bestimmten Frist gegenüber der anderen Partei, in der Regel schriftlich, angezeigt werden muss. Nach Ablauf dieser Frist sind die Ansprüche verfallen bzw. verwirkt.
- Bei einer zweistufigen Ausschlussfrist wird zusätzlich noch der Zeitraum festgelegt, in dem die eine Partei den Anspruch gerichtlich einklagen muss, falls der Anspruch von der anderen Partei abgelehnt wurde. Beispielsweise kann geregelt sein, dass alle Lohnansprüche aus dem Arbeitsverhältnis innerhalb von fünf Monaten angezeigt werden müssen, bevor sie verfallen. Außerdem sollen die Lohnansprüche innerhalb von zwei Monaten nach einer etwaigen Ablehnung gerichtlich eingeklagt werden müssen, bevor sie verfallen.
Wann ist eine Ausschlussfrist im Arbeitsvertrag unwirksam?
Grundsätzlich sind nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgericht (BAG) auch kurze Fristen zulässig, die nachteilig von den gesetzlichen Regelungen abweichen. Das BAG hat in Grundsatzentscheidungen jedoch bestimmten Grenzen für die Wirksamkeit von Ausschlussfristen erstellt. Die drei wichtigsten Fallgruppen sind:
- Eine einzelvertragliche Ausschlussfrist, die die schriftliche Geltendmachung von Ansprüchen aus dem Arbeitsverhältnis innerhalb einer Frist von weniger als drei Monaten festsetzt, ist unwirksam . Solch eine Frist entfällt ersatzlos und es gelten die gesetzlichen Verjährungsvorschriften.
- Eine Klausel, die für den Beginn der Ausschlussfrist nicht die Fälligkeit der Ansprüche berücksichtigt, sondern allein auf die Beendigung des Arbeitsverhältnisses abstellt, ist unwirksam . Dies betrifft besonders Fälle, in denen der Arbeitnehmer seine abschließende Lohnabrechnung erst Wochen nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses erhält und erst dann Kenntnis von Unstimmigkeiten erlangt.
- Bei zweistufigen Ausschlussfristen beträgt die Mindestfrist für die gerichtliche Geltendmachung drei Monate. Bei einer Frist unter drei Monaten, ist die Klausel unwirksam und es gilt die gesetzliche Verjährungsfrist.
Wahrung einer Ausschlussfrist
Die Ausschlussfrist ist gewahrt, wenn der anderen Seite die Geltendmachung der Ansprüche angezeigt wird. In der Regel muss dies in Textform erfolgen. Außerdem muss natürlich nachgewiesen werden, dass die Ansprüche geltend gemacht wurden. Dies kann durch ein Einschreiben mit Rückschein oder auch durch ein schriftliches Fax geschehen, wenn der Inhalt des Schreibens nachgewiesen werden kann. Am besten ist jedoch die persönliche Übergabe (auch durch einen Boten), die bezeugt werden kann.
Teilweise uneinheitlich ist die arbeitsgerichtliche Rechtsprechung jedoch in dem Punkt, ob die schriftliche Anzeige von Ansprüche (die ja in der Regel außergerichtlich erfolgt) auch durch die Erhebung einer gerichtlichen Klage bewirkt wird, wenn die Klage innerhalb der Ausschlussfrist (bzw. „demnächst“ i.S.d. § 167 ZPO) zugestellt wird.
Das Landesarbeitsgericht (LAG) Düsseldorf folgte in seiner jüngsten Entscheidung vom 12. September 2014 (10 Sa 1329/13) dem BAG in der Hinsicht, dass es die Erhebung der Klage als fristwahrend auch für einzelvertragliche Ausschlussfristen erachtet. Die bisherige höchstrichterliche Rechtsprechung bezog sich vor allem auf gesetzliche Ausschlussfristen.
Um sicher zu gehen, sollte der Anspruch der anderen Partei jedoch immer auch nachweislich außergerichtlich und schriftlich angezeigt werden.
Bei einer zweistufigen Ausschlussfrist reicht die Erhebung der Kündigungsschutzklage bereits aus, um die zweite Stufe der Ausschlussfrist (gerichtliche Geltendmachung durch eine Klage) auch für fortlaufende Ansprüche einzuhalten. Das bedeutet, dass ein Arbeitnehmer, der die Kündigungsschutzklage erhebt, für fortlaufende Lohnansprüche nicht jeden Monat eine neue Klage erheben muss, wenn eine zweistufige Ausschlussfrist vorschreibt, dass alle Ansprüche innerhalb einer bestimmten Frist gerichtlich eingeklagt werden müssen.
Zusammenfassung Ausschlussfristen im Arbeitsvertrag
- Ausschlussfristen im Arbeitsvertrag regeln den Zeitraum, in dem Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis angezeigt oder eingeklagt werden müssen.
- Nach Ablauf der Ausschlussfrist ist der Anspruch verfallen.
- Es gibt gesetzliche und privatautonome (vertragliche) sowie einstufige oder zweistufige Ausschlussfristen.
- Es gibt Grenzen für die Zulässigkeit von Ausschlussklauseln.
- Die Ausschlussfrist ist gewahrt, wenn die rechtzeitige Geltendmachung der Ansprüche nachgewiesen werden kann. In den meisten Fällen reicht auch die Erhebung der Klage aus, um die Anzeigefrist zu wahren.
- Um sicher zu gehen, sollten die Ansprüche zusätzlich außergerichtlich und schriftlich angezeigt werden.
Arbeitsrechtliche Beratung zu Ausschlussfristen
Ausschlussfristen im Arbeitsvertrag sind regelmäßig Streitpunkte vor dem Arbeitsgericht. Unwirksame Fristen oder AGB-Klauseln können den Unterschied ausmachen, ob ein Anspruch noch durchgesetzt werden kann. Hierbei geht es schnell um sehr viel Geld. Gerne beraten unsere Fachanwälte für Arbeitsrecht Sie kompetent und verständlich in allen arbeitsrechtlichen Fragestellungen.