Kündigung im Insolvenzverfahren Kündigung im Insolvenzverfahren
Meldet der Arbeitgeber Insolvenz an, drohen den Arbeitnehmern finanzielle Engpässe und meist auch der Verlust ihres Arbeitsplatzes. Doch welche Rechte hat ein Arbeitnehmer bei einer Kündigung im Insolvenzverfahren und wie kann er sich schützen?
Kündigungsschutz im Insolvenzverfahren
Im Rahmen von Personalabbau und um eine mögliche Insolvenz zu vermeiden, werden Mitarbeiter oft außerordentlich und ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist gekündigt. Solche Kündigungen sind jedoch unwirksam, da selbst eine Insolvenz eine außerordentliche Kündigung nicht rechtfertigen kann. Denn die Einhaltung der jeweils geltenden Kündigungsfristen ist laut Rechtsprechung auch einem Arbeitgeber in der Insolvenz zuzumuten. Eine außerordentliche fristlose Kündigung kann nur aus schwerwiegenden Gründen erfolgen, die eine Zusammenarbeit mit dem Mitarbeiter unzumutbar machen. Auch für Arbeitnehmer, die selbst kündigen wollen, gelten diese Kündigungsregeln. Um fristlos kündigen zu können, muss auch hier ein wichtiger Grund vorliegen. Dieser wichtige Grund kann z.B. in ausstehenden Lohnzahlungen begründet liegen. Anderenfalls kann der Mitarbeiter nur fristgemäß kündigen oder sich durch einen einvernehmlichen Aufhebungsvertrag vom Arbeitgeber lösen.
Bedeutet die Insolvenz des Arbeitgebers eine automatische Kündigung?
Die Insolvenz an sich ist kein Kündigungsgrund, somit führt eine Insolvenz des Arbeitgebers gemäß § 108 InsO auch nicht automatisch zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses. Auch während eines Insolvenzverfahrens gilt, dass sich die Kündigung auf personen-, verhaltens- oder betriebsbedingte Gründe stützen muss. Die üblichen Kündigungsregeln müssen zudem auch beachtet werden, die vor allem durch das Kündigungsschutzgesetz geregelt werden. Meist trifft ein Insolvenzverwalter die Entscheidung, ob ein Arbeitsverhältnis gekündigt wird, dazu muss er eine Kündigungsfrist von maximal drei Monaten einhalten. Ob die Kündigung tatsächlich durch den Insolvenzverwalter erfolgt oder ob der Arbeitgeber selbst für eine Kündigung zuständig ist, hängt davon ab, wer kündigungsbefugt ist.
Hierbei wird unterschieden, wie die Insolvenz verwaltet wird:
1. Insolvenz in Eigenverwaltung: Hierbei wird das Insolvenzverfahren vom Arbeitgeber selbst geführt, dieser wird dabei von einem Sachwalter, der vom Insolvenzgericht bestellt wird, überwacht. Dies geschieht dann, wenn das Unternehmen dauerhaft fortgeführt werden kann und es Erfolgsaussichten für die Regenerierung des Unternehmens gibt. Bei dieser Form der Verwaltung kann der insolvente Arbeitgeber somit grundsätzlich weiterhin Kündigungen aussprechen.
2. Insolvenzverwalter: In den meisten Fällen führt jedoch der Insolvenzverwalter das Insolvenzverfahren, dieser hat grundsätzlich keine Kündigungsbefugnis, nur wenn das Insolvenzgericht dem Insolvenzverwalter Befugnisse zuspricht, kann dieser schon vor Insolvenzeröffnung zulässig Kündigungen vornehmen. Ab Eröffnung des Insolvenzverfahrens übernimmt der Insolvenzverwalter die vollständige Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis, um die Angelegenheiten des insolventen Unternehmens abzuwickeln, dazu gehören dann auch Kündigungen.
Kündigungsfristen in der Insolvenz
Bei der Insolvenz des Arbeitgebers ist zu beachten, dass je nach Zeitpunkt der Kündigung unterschiedliche Kündigungsfristen für den Arbeitgeber, Insolvenzverwalter und auch für den Arbeitnehmer, der selbst das Arbeitsverhältnis beenden möchte, gelten. Bis zur Eröffnung des Insolvenzverfahrens gelten die Kündigungsfristen gemäß § 622 BGB aus einem anwendbaren Tarifvertrag oder aus dem Arbeitsvertrag abhängig von der Dauer des Arbeitsverhältnisses im Unternehmen. Ab dem Zeitpunkt der Insolvenzeröffnung gilt eine spezielle Kündigungsfrist. Gemäß § 113 InsO beträgt diese drei Monate zum Monatsende, wenn nicht eine kürzere Frist im Arbeits- oder Tarifvertrag vereinbart ist. Damit finden Kündigungen von Mitarbeitern unter erleichterten Bedingungen statt, längere Kündigungsfristen über drei Monaten werden nicht mehr berücksichtigt.
Betriebsbedingte Kündigung bei Insolvenz
Eine Kündigung, die mit der Insolvenz des Arbeitgebers begründet wird, ist nicht zulässig. Es muss ein erheblicher Grund für die Kündigung vorliegen. Jedoch können bei einer Insolvenz oftmals dringende betriebliche Veränderungen eine Kündigung erforderlich machen, beispielsweise bei Umstrukturierungen oder bei einer Betriebsstilllegung. In diesen Fällen kann eine Kündigung aus betriebsbedingten Gründen erfolgen. Doch auch in der Insolvenz müssen die gesetzlich bestimmten Voraussetzungen für eine betriebsbedingte Kündigung beachtet werden. So ist beispielsweise bei einem Verkauf des Betriebs der neue Eigentümer zu der Übernahme der Arbeitsverhältnisse verpflichtet. Eine Kündigung allein wegen der Betriebsübernahme nach § 613a BGB ist unzulässig.
Für eine Klage gegen die Kündigung im Insolvenzverfahren gilt die übliche Klagefrist von drei Wochen ab Erhalt der Kündigung.
Aufhebungsvertrag und Abfindung bei Insolvenz
Ein Arbeitsverhältnis kann auch während einer Insolvenz in gegenseitigem Einvernehmen durch einen Aufhebungsvertrag beendet werden. Dies gilt sowohl vor als auch nach einer Insolvenzeröffnung. Meist enthalten Aufhebungsverträge eine Vereinbarung zur einer Abfindung durch den Arbeitgeber, diese kommen insbesondere bei langjährigen Beschäftigten oder Mitarbeitern mit besonderem Kündigungsschutz in Betracht. Abfindungsansprüche, die nach Insolvenzeröffnung entstehen, werden als sog. Masseverbindlichkeiten nicht in die Insolvenztabelle aufgenommen, sondern sind vorab aus der Insolvenzmasse auszugleichen. Die Insolvenzmasse ist dabei das noch vorhandene Vermögen des Arbeitgebers bei Insolvenzeröffnung. Dagegen sind Ansprüche auf eine Abfindung, die vor der Insolvenz des Arbeitgebers entstehen und zum Zeitpunkt der Insolvenzeröffnung noch nicht ausgezahlt worden sind, nicht mehr durchsetzbar. Für vor der Insolvenzeröffnung abgeschlossene Aufhebungsverträge mit Abfindungsvereinbarungen, die der Arbeitgeber nicht zahlen will, besteht nach der Rechtsprechung somit ohne besondere Vereinbarung auch kein Recht zum Rücktritt vom Aufhebungsvertrag. Dies ist für den betroffenen Arbeitnehmer in zweifacher Hinsicht ein Nachteil, weder erhält er eine Abfindung, noch kann er vom Aufhebungsvertrag zurücktreten, um seinen Arbeitsplatz zu erhalten. Für den Fall, dass der Arbeitgeber die Abfindung nicht fristgerecht zahlt, sollte ein Rücktrittsrecht vom Aufhebungsvertrag vereinbart werden.
Wann steht dem Arbeitnehmer Insolvenzgeld zu ?
Das Insolvenzgeld ist eine Leistung der Bundesagentur für Arbeit und wird gemäß § 165 ff. SGB III dann gezahlt, wenn ein Arbeitgeber insolvenzbedingt keine Entgeltzahlungen an den Arbeitnehmer leistet. Dabei kann jeder Arbeitnehmer, der in einem sozialversicherungspflichtigen Arbeitsverhältnis steht, das Insolvenzgeld beantragen . Diese Zahlung erfolgt einmalig und wird gemäß § 358 SGB III durch eine monatliche Umlage des Arbeitgebers finanziert.Insolvenzgeld wird gemäß § 167 SGB III in Höhe des Nettoarbeitsentgelts gezahlt, welcher für die letzten 3 Monate des Arbeitsverhältnisses vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens des Arbeitgebers zu zahlen gewesen wäre. Die Zahlung umfasst das Festgehalt sowie etwaige Gehalts- oder Lohnanteile wie z.B. Weihnachtsgeld oder Provisionen. Die Höhe des Insolvenzgeldes ist auf eine Maximalsumme beschränkt und entspricht der Beitragsbemessungsgrenze der Arbeitslosenversicherung.
Der Antrag auf Insolvenzgeld muss vom Arbeitnehmer persönlich innerhalb von zwei Monaten nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens des Arbeitgebers bei der Bundesagentur für Arbeit eingereicht werden. Zuständig ist die dabei die Bundesagentur des Bezirkes, in welchem der insolvente Arbeitgeber seinen Betriebssitz hat. Arbeitnehmer müssen für die Bearbeitung alle notwendigen Unterlagen beifügen, wie z.B. Arbeitsvertrag, Lohn-/Gehaltsabrechnungen, Tarifvertrag, Betriebsvereinbarungen.
Die Bewilligung des Insolvenzgeldes erfolgt oft erst nach einer langen Bearbeitungszeit, Arbeitnehmer können in solch einem Fall einen Vorschuss gemäß § 168 SGB III beantragen. Dazu wird eine Bescheinigung (z.B. von der Lohnbuchhaltung) benötigt, die bestätigt, dass der Arbeitgeber mit den Zahlungen im Rückstand ist. Die Agentur für Arbeit zahlt dann in der Regel 70 Prozent des zu erwartenden Insolvenzgeldes als Vorschuss.
Zusammenfassung
- Der Arbeitgeber ist in der Insolvenz nur im Falle einer Eigenverwaltung kündigungsbefugt.
- Kündigungen spricht in allen anderen Fällen nur der Insolvenzverwalter aus.
- Die Insolvenz selbst stellt keinen Kündigungsgrund dar.
- Für eine Kündigung müssen erhebliche Gründe vorliegen.
- Bis zur Eröffnung des Insolvenzverfahrens gelten die üblichen gesetzlichen Kündigungsfristen, anschließend eine spezielle Kündigungsfrist von maximal drei Monaten.
- Ob eine Klage gegen den Arbeitgeber Aussicht auf Erfolg hat sollte frühzeitig abgeklärt werden.
- Arbeitnehmer können innerhalb von zwei Monaten nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens bei der Bundesagentur für Arbeit Insolvenzgeld beantragen.