Ist das Kindergeld Pfändbar?
Die Pfändung des Kindergelds auf dem Konto
Ein alleinerziehender Vater hat sich einen neuen Fernseher auf Kredit gekauft und die letzten beiden Raten in Höhe von jeweils 700€ nicht gezahlt. Er versorgt sich und seine Tochter von seinem Einkommen in Höhe von 1200€ netto und dem von der Familienkasse bezogenen Kindergeld in Höhe von ca. 200€. Nachdem er mehrere Wochen nicht auf die Mahnungen reagiert hat schaut er auf sein Konto und stellt fest, dass die letzten beiden Raten in Höhe von insgesamt 1400€ gepfändet wurden. Hierbei wurde auch das, für die Versorgung der Tochter vorgesehene, Kindergeld gepfändet . Dabei wäre es mit einigen einfachen Schritten möglich gewesen sich vor der Pfändung zu schützen.
Zwangsvollstreckung des Gläubigers
Gepfändet wird immer dann, wenn eine Partei einer anderen Partei z.B. Geld schuldet und nicht freiwillig zahlt. Der Gläubiger muss seine Forderung dann mit Zwang durchsetzen, zum Beispiel einer Kontenpfändung. Für die Zwangsvollstreckung benötigt der Gläubiger einen vollstreckbaren Titel gegen den Schuldner. Die Schuld kann gegenüber einem privaten Gläubiger oder einem öffentlichen Gläubiger bestehen. Öffentliche Gläubiger, zum Beispiel Finanzämter, Krankenkassen oder Behörden titulieren ihre Ansprüche selbst. Private Gläubiger erwirken ihren Titel im Mahnbescheidsverfahren oder im normalen Gerichtsverfahren. Der Vollstreckungsbescheid, das Urteil oder der gerichtliche Vergleich sind vollstreckbare Titel.
Pfändung in Gehalt und Konto
Die Möglichkeiten, aus einem Titel zu vollstrecken sind vielfältig. Am einfachsten ist die Vollstreckung in Geldwerte. Deshalb wird häufig in das liquide Vermögen des Schuldners oder in dessen Gehalt vollstreckt, die sogenannte Forderungspfändung. Bei der Gehalts- bzw. Lohnpfändung pfändet der Gläubiger das Gehalt des Schuldners direkt bei der auszahlenden Stelle (Arbeitgeber oder Rentenversicherung) in der Höhe der ausstehenden Schuld. Der Arbeitgeber überweist dann seinem Arbeitnehmer lediglich den unpfändbaren Teil seines Einkommens. Bei der Kontenpfändung pfändet der Gläubiger das Konto des Schuldners und zwar grundsätzlich das vollständige Guthaben bis zur Höhe seiner Forderung. Genügt das Guthaben nicht, um den Gläubiger voll zu befriedigen, bleibt das Konto gepfändet, bis wieder neues Guthaben verfügbar ist, z.B. beim nächsten Gehaltseingang. Bei der Kontopfändung wird, soweit der Schuldner keine besonderen Vorkehrungen getroffen hat, alles gepfändet, also auch das ausgezahlte Kindergeld. Bei dem Kindergeld handelt es sich um eine Sozialleistung im Rahmen des Bundeskindergeldgesetzes i.V.m. den §§ 31 f. und §§ 62 ff. EStG. Bis 2010 war das Kindergeld gänzlich unpfändbar . Inzwischen kann es aber grundsätzlich wie jeder andere Geldwert gepfändet werden.
Pfändung verhindern – nicht nur von Kindergeld - durch das Pfändungsschutzkonto
Um sich vor einer unbegrenzten Pfändung und einer daraus resultierenden Mittellosigkeit zu schützen, kann jeder Schuldner in Deutschland ein sogenanntes „P-Konto“, also ein Pfändungsschutzkonto, einrichten. Durch dieses besondere Konto lässt sich automatisch ein monatlicher Betrag in Höhe der Pfändungsfreigrenze auf dem Konto sichern, der nicht gepfändet werden darf. Dieser Freibetrag soll das Existenzminimum sichern. Muss der Schuldner Unterhaltspflichten nachkommen, kann er durch eine sog. „§ 850k-Bescheinigung“ den vor Pfändung geschützten Freibetrag erhöhen. Hierunter fällt auch das Kindergeld nach § 850k II Nr.3 ZPO.
Wichtig ist, dass jeder Schuldner gem. § 850k VIII ZPO nur ein P-Konto einrichten kann. Jede natürliche Person hat einen Anspruch darauf ein bestehendes Konto in ein P-Konto umzuwandeln (Achtung: Umwandeln bedeutet nicht neu eröffnen) gem. § 850k VII ZPO . Die Einrichtung wird im Regelfall bei der SCHUFA vermerkt. Hierdurch soll vermieden werden, dass der Schuldner mehrere P-Konten einrichtet.
Hat der Schuldner Einkünfte bis 1.179,99 € einschließlich des Kindergelds, ist er mit der Einrichtung des P-Kontos sofort voll geschützt. Liegen seine Einkünfte jedoch darüber, muss er den Freibetrag erhöhen lassen. Zwar ist nach Einrichtung eines P-Kontos der Freibetrag grundsätzlich geschützt, allerdings weiß weder das Konto führende Kreditinstitut noch der vollstreckende Gläubiger von dem Bedarf des Schuldners auf erhöhten Schutz über den automatisch geschützten Freibetrag hinaus. Der Schuldner muss daher gem. § 850k IV ZPO seinen Bedarf nachweisen und eine Erhöhung des Freibetrages beantragen. Für diese „§ 850k-Bescheinigung“ muss der Schuldner eine Bescheinigung der Familienkasse und einen Nachweis seiner Unterhaltspflicht erbringen. Die Bescheinigung kann zum Beispiel von einem Rechtsanwalt ausgestellt werden. Sie ist dann dem Kreditinstitut vorzulegen, dass dann den Freibetrag um das Kindergeld erhöht oder andere Sozialleistungen und Unterhaltsverpflichtungen erhöht.
Was, wenn gerade das Kindergeld gepfändet werden muss
Was ist aber, wenn das Kind das für sich bestimmte Kindergeld nicht empfängt, weil der Elternteil dieses nicht weiterleitet?
In diesem Fall kann das Kind ebenso eine Vollstreckung erwirken. Ungünstig wäre es dann, wenn der das Kindergeld empfangende Elternteil ein P-Konto eingerichtet hat auf welchem das Kindergeld vor Pfändung geschützt ist. Für diesen Fall sieht § 850k II Nr.3 ZPO vor, dass dennoch das Kindergeld gepfändet werden darf. Hier erfolgt die Pfändung nicht gegen das Interesse des berechtigten Kindes, sondern gerade in dessen Interesse.
Was tun, wenn das Kindergeld bereits gepfändet wurde
Das P-Konto kann bis zu vier Wochen rückwirkend nach der erfolgten Kontopfändung beantragt werden. Der gepfändete Betrag wird dann von der Bank freigegeben. Die reine Einrichtung des P-Kontos reicht unter Umständen nicht aus. Vielmehr muss das P-Konto eingerichtet und die Bescheinigung des erhöhten Bedarfs bei der Bank vorgelegt werden. Der Vater aus unserem Beispiel kann also innerhalb von vier Wochen mit Rückwirkung ein P-Konto einrichten und, nach dem er einen erhöhten Bedarf nachgewiesen hat, sein Gehalt und das Kindergeld schützen.
Zusammenfassung
- Gepfändet wird immer dann, wenn ein Gläubiger zwangsweise Schulden eintreibt. Das erfolgt oft durch die Vollstreckung in das Konto des Schuldners.
- Der Schuldner kann durch die Einrichtung eines P-Kontos einen Freibetrag schützen und diesen durch Vorlage einer entsprechenden Bescheinigung erhöhen.
- Für den Antrag muss der Schuldner den erhöhten Bedarf nachweisen.
- Soll gerade das Kindergeld gepfändet werden, weil dieses nicht weitergeleitet wird, ist das möglich.
- Wurde das Konto bereits gepfändet kann ein P-Konto bis zu vier Wochen nach der Pfändung rückwirkend eingerichtet werden.
AHS Rechtsanwälte berät Sie bei Einrichtung eines P-Kontos
Wir stellen die Bescheinigung zur Erhöhung des Freibetrags aus. Hierdurch schützen Sie das Kindergeld, Sozialleistungen und für jede Unterhaltsverpflichtung erhöht sich der Freibetrag.