Employer of Record (EoR)
Chancen und Risiken beim Einstellen von Mitarbeitern im Ausland
Es gibt zahlreiche Gründe, warum es für Unternehmen notwendig sein kann, Mitarbeiter im Ausland zu beschäftigen. Wenn keine ausländische Niederlassung des deutschen Unternehmens im jeweiligen Land existiert, stellt sich oft die Frage, wie die Beschäftigung des Mitarbeiters im Ausland rechtlich und praktisch gestaltet werden kann.
Hier kommt das Konzept des Employer of Record (EoR) ins Spiel, eine Lösung, die es Unternehmen ermöglicht, Mitarbeiter im Ausland einzustellen , ohne dort eine eigene Firma gründen zu müssen. Doch was genau bedeutet " Employer of Record ", und wie funktioniert dieses Modell?
In diesem Blogbeitrag beleuchten wir die Bedeutung und Funktionsweise eines EoR und untersuchen die Vor- und Nachteile dieses Ansatzes. Während er für viele Unternehmen attraktive Chancen eröffnet, gibt es aber auch Risiken, die sorgfältig abgewogen werden sollten. Erfahren Sie, worauf es ankommt, und wie ein EoR Ihr Unternehmen unterstützen – oder auch herausfordern – könnte.
Funktionsweise und Zweck des Employer of Recrod
Employer of Record (EOR) ist ein Modell, bei dem Unternehmen (z.B. aus Deutschland) die Unterstützung eines im jeweiligen Ausland registrierten Dienstleisters nutzen, um Mitarbeiter aus diesem Land einzustellen. Hierbei übernimmt der EOR die Rolle des rechtlichen Arbeitgebers . Das Unternehmen, das die Mitarbeitenden tatsächlich einsetzt, fungiert als Entleiher und kann die Fachkräfte für seine eigenen geschäftlichen Aufgaben nutzen.
Der „registrierte Arbeitgeber“ (Employer of Record) oder auch Vertragsarbeitgeber soll den grenzüberschreitenden Personaleinsatz vereinfachen, indem die Anwendung der Vorschriften des AÜG als öffentliches Recht mangels räumlicher Geltung im Ausland vermieden wird. Denn das Arbeitnehmerüberlassungsgesetz (AÜG ) besagt, dass jede Arbeitnehmerüberlassung
1. innerhalb von Deutschland,
2. aus dem Ausland nach Deutschland oder
3. aus Deutschland in das Ausland,
nur nach den Vorschriften des AÜG durchgeführt werden darf.
Vorteile des Employer of Record
Vorteil des Employer of Record-Konzeptes ist es, dass der Entleiher keine eigenständige ausländische Niederlassung gründen muss und dass er sich nicht selbst mit den administrativen und rechtlichen Voraussetzungen der ordnungsgemäßen Abwicklung des Arbeitsverhältnisses am Arbeitsort kümmern muss.
Der Employer of Record übernimmt Lohnabrechnung und -versteuerung und kümmert sich um etwaig erforderliche An- und Abmeldungen. Insoweit ist der Employer of Record verantwortlich für die Einhaltung der steuer- und sozialversicherungsrechtlichen Regelungen der Beschäftigung und auch des Arbeitsschutzes. Er bewilligt Urlaub und führt disziplinarisch. Der Entleiher dagegen trägt die Kosten und erteilt fachliche Anweisungen.
Arbeitsrechtliche Risiken beim Employer of Record
Auch wenn es gerne übersehen wird: bei einem Vertrag mit einem Employer of Record handelt es sich grundsätzlich um eine Arbeitnehmerüberlassung . Diese ist nicht nur in Deutschland gesetzlich reglementiert. Auch andere Länder lassen Arbeitnehmerüberlassungen nur unter bestimmten Voraussetzungen (Erlaubnis zum Verleih u.a.) zu und knüpfen teure Rechtsfolgen an etwaige Verstöße, die ggf. auch den Arbeitnehmer direkt oder – durch die Vertragsgestaltung – indirekt – treffen können.
Ein Vertrag über die Leihe eines Arbeitnehmers, über Personalgestellung oder ähnliches sollte daher niemals leichtfertig und ungeprüft unterzeichnet werden. Insbesondere ist darauf zu achten, dass der Arbeitgeber der Employer of Record ist. Er kann und muss den Arbeitnehmer nur innerhalb der im jeweiligen Land geltend Vorschriften beschäftigen und entlassen.
Das führt in manchen Fällen zu einer Diskrepanz zwischen den Interessen des Vertragsarbeitgebers und denen des deutschen Entleihers . Denn anders als in anderen Bereichen der Arbeitnehmerüberlassung wird häufig nicht ein beliebiger Arbeitnehmer des Vertragsarbeitgebers entliehen, sondern der Vertragsarbeitgeber stellt eine bestimmte Person eigens für den Kunden an. Auf die Art und Weise hat er möglicherweise keine andere Verwendung für den Arbeitnehmer, wenn der Leihvertrag beendet ist. Die hieraus resultierenden rechtlichen und finanziellen Risiken werden zumeist dem Entleiher aufgebürdet. Dieses kann die kalkulierten Kosten für den entliehenen Arbeitnehmer unerwartet erheblich erhöhen .
Auch ist darauf hinzuweisen, dass nach dem Willen der Bundesarbeitsagentur das Arbeitnehmerüberlassungsgesetz (AÜG) möglichst auf jede Form der Personalvermittlung angewendet wird.
Employer of Record Arbeitnehmerüberlassung & AÜG
Rechtssystematisch erfordert die Anwendbarkeit des AÜG eine Berührung der Geschehnisse mit Deutschland. Das ist bei einem rein ausländischen Arbeitsverhältnis üblicherweise nicht der Fall. Denn im Regelfall bestimmt sich das anwendbare Recht nach dem Tätigkeitsort sowie ggf. nach dem Sitz der Vertragsparteien.
Der Arbeitsvertrag wird zwischen dem im Ausland ansässigen Employer of Record und dem ebenfalls im Ausland ansässigen Arbeitnehmer abgeschlossen. Insoweit gilt im Regelfall ausländisches Recht .
Wenn ausländisches Recht gilt, kann der Arbeitsvertrag zwischen Verleiher und Arbeitnehmer nicht nach § 9 AÜG unwirksam sein und der Entleiher auch nicht Arbeitgeber gem. § 10 AÜG sein. Das hat das BAG bereits im Jahr 2022 für das AÜG in seiner alten Fassung so entscheiden. Denn dem Verleiher, der nicht in Deutschland ansässig ist und nicht nach Deutschland Arbeitnehmer überlässt, bedarf - mangels Berührung des Arbeitsverhältnisses mit Deutschland - auch keiner Erlaubnis nach § 1 AÜG .
Fazit und Tipps zum EoR
Da das AÜG das Vorliegen einer deutschen Verleiherlaubnis jedoch immer dann verlangt, wenn der Verleiher in Deutschland seinen Sitz hat oder den Arbeitnehmer zur Arbeitsleistung nach Deutschland überlasst, kann sich schon bei kurzzeitigen Arbeitseinsätzen in Deutschland das Erfordernis einer Erlaubnis nach AÜG ergeben. Das AÜG kennt insoweit keine zeitliche Grenze. Es geht nicht um die Einsatzdauer, sondern um die Berührung des Arbeitsverhältnisses mit deutschem Recht.
Der entliehene Arbeitnehmer sollte daher am vertraglich vorgesehenen Arbeitsort verbleiben. Die Bundesarbeitsagentur findet keinen großen Gefallen an Abweichungen den in Deutschland geltenden Rechtslage und der Vermeidung der Anwendbarkeit des AÜG. Es ist daher darauf hinzuweisen, dass mit der Personalgestellung durch den Vertragsarbeitgeber auch bei ausschließlicher Beschäftigung des entliehenen Arbeitnehmers im Ausland eine ultimative Rechtssicherheit nicht erlangt werden kann.
Zusammenfassung Employer of Record
- Der auf den Arbeitsvertrag anwendbare Arbeitsrecht wird durch den Tätigkeitsort sowie den Vertrag zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer bestimmt.
- Sitzt der Verleiher im Ausland und wird der Arbeitnehmer im Ausland beschäftigt, benötigt er mangels Anwendbarkeit des Gesetzes nach einer Entscheidung des BAG aus 2022 keiner Erlaubnis nach dem AÜG (wohl aber ggf. einer vergleichbaren ausländischen Erlaubnis).
- Vereinbarungen zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer sowie auch der nur vorübergehende Einsatz des Arbeitnehmers in Deutschland kann dennoch zur Anwendbarkeit des AÜG führen.
- Auch sonst ist eine abweichende Beurteilung der konkreten vertraglichen Gestaltung oder auch infolge einer sich ändernden Rechtsauffassung und damit die Anwendung des AÜG nicht vollständig auszuschließen.
- Die Risikoverteilung zwischen Entleiher und Verleiher bedarf einer genauen vertraglichen Gestaltung.
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