Gläubiger im Insolvenzverfahren vergessen - was passiert?
Schuldner müssen im Insolvenzantrag ein vollständiges Gläubigerverzeichnis erstellen. Doch gerade bei alten Schulden, die man jahrelang vor sich her geschoben hat, ist es gar nicht so selten, dass ein Gläubiger im Insolvenzverfahren vergessen wird. Steht der Gläubiger nicht im Gläubigerverzeichnis, wird er auch vom Insolvenzverwalter nicht aufgefordert, seine Forderung zur Tabelle anzumelden.
Doch was passiert, wenn sich ein Gläubiger nach der Restschuldbefreiung meldet? Wird die Restschuldbefreiung versagt und die Ansprüche können noch geltend gemacht werden oder bleibt die Restschuldbefreiung bestehen?
Gläubiger meldet sich nach Restschuldbefreiung
Viele Gläubiger denken fälschlicherweise, dass sie ihre Forderung auch dann noch durchsetzen können, wenn die Restschuldbefreiung bereits erteilt wurde. Doch wenn sich ein Gläubiger erst nach der Restschuldbefreiung meldet , hat er in der Regel keinen Anspruch mehr, seine Forderung durchzusetzen. Denn die Restschuldbefreiung erstreckt sich auch auf die nicht oder nicht rechtzeitig angemeldete Forderung eines Insolvenzgläubigers. Dies gilt unabhängig davon, ob die unterbliebene oder verspätete Anmeldung auf ein Verschulden des Gläubigers beruht. In der Insolvenzordnung §301 ist ausdrücklich geregelt:
„Wird die Restschuldbefreiung erteilt, so wirkt sie gegen alle Insolvenzgläubiger. Dies gilt auch für Gläubiger, die ihre Forderungen nicht angemeldet haben.“
Vom Gesetzgeber wird unterstellt, dass alle Gläubiger – auch ausländische – sich im Internet unter www.insolvenzbekanntmachungen.de kundig machen können. Alle eröffneten Insolvenzverfahren werden auf dieser Internetplattform veröffentlicht.
Der unberücksichtigt gebliebene Gläubiger kann eine Forderung nicht mehr gegen den Schuldner durchsetzen ; ihre Vollstreckbarkeit entfällt. Dies gilt auch für Titel, die der Gläubiger gegen den Schuldner aus der Zeit vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens erlangt hat. Dem Gläubiger ist es ebenfalls verwehrt, wegen der nicht oder verspätet zur Tabelle angemeldeten Forderung einen Titel zu erwirken – er darf also keine Klage mehr erheben.
Kommt der Schuldner also ungeschoren davon?
Gläubiger wurde vorsätzlich vergessen
Schutz steht allerdings dem Gläubiger zu, dessen Forderung vom Schuldner im Insolvenzverfahren vorsätzlich nicht angegeben wurde. Hat der Schuldner die Restschuldbefreiung in unredlicher Weise durch bewusstes Verschweigen einer Forderung erlangt, kann der betroffene Gläubiger seinen Anspruch unter Berufung im streitigen Verfahren verfolgen. Denn nach § 826 BGB gilt:
„Wer in einer gegen die guten Sitten verstoßenden Weise einem anderen vorsätzlich Schaden zufügt, ist dem anderen zum Ersatz des Schadens verpflichtet.“
Kann also der Gläubiger nachweisen, dass der Schuldner die Forderung vorsätzlich verschwiegen hat, dann darf er seine Forderung trotz Erteilung der Restschuldbefreiung weiter durchsetzen . Der Nachweis dürfte allerdings nicht immer einfach sein. Ist ein Schuldner kurz vor Insolvenzantragstellung wegen einer Straftat zu Schmerzensgeld verurteilt worden und er "vergisst" dann den Gläubiger, wird jedoch ein Schadensersatzanspruch des Gläubigers bejaht.
Zusammenfassung Gläubiger im Insolvenzverfahren vergessen
- Ist Gläubiger nicht im Gläubigerverzeichnis gelistet, wird er auch vom Insolvenzverwalter nicht aufgefordert, seine Forderung zur Tabelle anzumelden.
- Meldet sich ein Gläubiger erst nach der Restschuldbefreiung, hat er keinen Anspruch mehr, seine Forderung durchzusetzen.
- Dies gilt auch für Titel, die der Gläubiger gegen den Schuldner aus der Zeit vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens erlangt hat.
- Kann der Gläubiger jedoch beweisen, dass der Schuldner die Forderung vorsätzlich verschwiegen hat, kann die Forderung unter Berufung im streitigen Verfahren trotz Erteilung der Restschuldbefreiung weiter durchgesetzt werden.